Sven ordnete die Papiere und Gegenstände auf seinem Schreibtisch. Man erwartete, dass er zweitausendfünfhundert Stunden pro Jahr in Rechnung stellte. Wenn man fünfzig Stunden pro Woche zugrunde legt, waren das fünfzig Stunden pro Woche. Sein durchschnittlicher Honorarsatz lag bei dreihundert Euro pro Stunde. Das hieß, dass er seiner Firma jährlich siebenhundertfünfzigtausend Euro einbrachte. Davon bekam er hundertfünfzigtausend sowie einen Bonus von vierzigtausend. Zweihunderttausend entfielen auf laufende Kosten, und der Rest ging an die Partner und wurde jährlich nach einem unglaublich komplizierten Schlüssel aufgeteilt, über dessen Festlegung regelmäßig gestritten wurde. Das war der Traum, der Sven und alle Kollegen zu allen Tages- und Nachtzeiten an den Schreibtisch fesselte.
„Und dann Corona.“
„?“
„Suspendierung eines gewohnten Weltbildes.“
„Nicht nur für den Staat, sondern auch für jeden Einzelnen stellen sich plötzlich grundsätzliche Fragen.“
„Zum Beispiel?“
„Worauf kann man sich eigentlich stützen, wenn man einschätzen will, was verhältnismäßig, was gefährlich, was notwendig oder was überhaupt real ist.“
„Und?“
„Wie verlässlich sind Aussagen der Wissenschaftler, wenn sich viele Unbekannten laufend ändern.“
„Das andere ist, was aus diesen Einsichten für das Leben folgen soll, wie sie in ein Verhältnis zu dessen anderen Elementen zu bringen sind.“
In ruhigen Zeiten darf man die Konventionen und Gewohnheiten des Lebens ruhig auch mit diesem selbst gleichsetzen und auf seine Pläne, seine Ansichten, d.h. seine Identität bauen. Doch in einer Zeit der unmittelbaren Bedrohung des Lebens ist das so einfach nicht möglich.
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